Was Indianer und Trapper noch im Blut hatten, ist dem Zivilisations-Menschen vielfach schon abhanden gekommen: Die Kunst des Fährtenlesens und auch des Verstehens. Tierfährten: Wer Tierspuren lesen kann, bekommt spannende Geschichten erzählt!

So wie Schuhe, Fahrrad- oder Autoreifen, hinterlassen auch die Füsse der Wildtiere Spuren im Schnee, im Schlick, im Sand oder in feuchter Erde. Am augenfälligsten sind solche Tierspuren aber im Schnee. Wer sie zu lesen vermag, dem öffnet sich ein Buch mit sieben Siegeln. Der einzelne Fussabdruck, Trittsiegel genannt, ist für jede Tierart typisch und einzigartig. Je nachdem, ob es sich bei dem Tier um einen Sohlengänger (Pranke des Dachses), einen Zehengänger (Pfote des Fuchses) oder einen Zehenspitzengänger (Hufe des Schalenwildes) handelt. Auch beim Federwild zeigt ein Laufvogel (Zehen des Fasans) ein ganz anderes Trittbild als ein Schwimmvogel (Schwimmhäute der Stockente).

Fährte, Spur oder Geläufe Die in der Fortbewegung sich aneinander reihenden Trittsiegel formen die Fährte oder Spur. Stammen die Tritte von Schalenwild, das heisst von Hirsch-, Reh-, Stein- und Gamswild oder auch vom Schwarzwild (Wildschweine), spricht der Fachmann von einer „Fährte“. Alle andern Trittbilder, wie zum Beispiel jene von Hasen und Eichhörnchen oder von Raubwild wie Marder, Fuchs und Dachs, heissen „Spur“. Beim Federwild wiederum spricht man – im Gegensatz zu „Fährte“ und „Spur“ beim Haarwild – von „Geläufe“. Aus diesen Fussabdrücken lässt sich vieles herauslesen. Ein Trittsiegel kann nämlich nicht nur die Tierart erkennen lassen, sondern auch etwas aussagen, über das Geschlecht und das Alter des Individuums. Neben der Fortbewegungsrich-tung, lässt sich zudem auf die Gangartschliessen, ob das Tier gemächlich dahinzog, eilig trabte oder sich gar auf der Flucht befand.

Ziehen, Trollen und Flüchten Je nach Bewegungsart schränkt das Wild mehr oder weniger, das heisst, die Tritte der rechten und linken Läufe werden – entsprechend der Körperbreite – seitlich einer gedachten Mittellinie gesetzt. Dieser Zwischenraum zwischen linken und rechten Tritten heisst „Schrank (daher auch der Begriff: „Arme und Beine verschränken“), während der Längsabstand der einzelnen Fussabdrücke die Schrittlänge aufzeigt. Beim gemächlichen Ziehen und beim rascheren Traben oder Trollen fusst das Schalenwild mit den Hinterläufen mehr oder weniger genau in die Tritte der Vorderläufe, so dass ein solches Trittsiegel effektiv aus zwei übereinander liegenden Tritten besteht, nämlich der Hinter- über dem Vorderlaufabdruck. Beim Flüchten dagegen, das einem Galopp gleichkommt, erfolgt die Fortbewegung sprungartig von den abstossenden Hinter- auf die Vorderläufe, wobei die hinteren die vorderen überfliegen, so dass die Ersteren vor die Letzteren gestellt werden, und zwar umso weiter, je rascher die Flucht.

Schnüren, Hoppeln und Nageln Einzelne Tierarten weisen zudem ganz speziell typische Spurbilder auf. Ein solches ist beispielsweise das „Schnüren“ (ruhiges Traben) des Raubwildes, besonders ausgeprägt beim Fuchs, wenn er die Tritte der Vorder- und Hinterläufe sowohl genau ineinander als auch (ohne jegliche Schränkung) schnurgerade hintereinander setzt. Dadurch gleich das Spurbild einer Perlenschnur. Ganz anders bei den Hasen: Weil sie sich nur in zwei, zudem sehr ähnlichen Gangarten bewegen, hoppelnd oder flüchtend, zeigen sie eine ganz andere Spur, nämlich den sogenannten Hasensprung. Dabei treten sie mit den hinteren Gliedmassen nicht in die Tritte der vorderen, sondern setzen die viel längeren Hinterläufe paarweise vor die kürzeren Vorderläufe. Analog verhält es sich beim Eichhörnchen. Auch die Marder bewegen sich hüpfend fort, setzen jedoch die Tritte der Hinter- in die der Vorderläufe, wodurch in der Spurabfolge nur zwei paarweise nebeneinander stehende Trittsiegel erscheinen, weshalb man dies als „Paarsprung“ bezeichnet. Eine weitere Besonderheit ist das Nageln, typisch beim Dachs, wenn sich vor allem die kräftigen Grabekrallen an den Vorderpranken vor den Zehenballen abbilden und dadurch eine „genagelte“ Spur hinterlassen.

Besorgniserregende Fluchtspuren Tierspuren und -fährten im Schnee sind ein faszinierendes Phänomen, sozusagen die stumme Zeichensprache einer belebten Natur. Sie sind indirekte Zeugnisse von Wildtieren auf Nahrungssuche oder beim Knüpfen sozialer Kontakte. Wenn aber, was leider vermehrt der Fall ist, Fluchtspuren dominieren, dann gibt dies zu Besorgnis Anlass. Grund: Trotz zum Teil genialer Überlebensstrategien der Wildtiere bedeutet der Winter, zumal in den Bergen, für sie eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod. Jede zusätzliche Störung (z. Bsp. durch frei laufende Hunde oder Wintersportler abseits von Pisten und Loipen), veranlasst die am energetischen Existenzminimum lebenden Tiere zu unnötigen Verausgabungen, die deren Leben aufs Spiel setzen können. Es ist daher wichtig, beim Waldspaziergang und beim Wintersport, Rücksicht auf die Wildtiere zu nehmen und sie, vor allem im Bergwinter, in ihren Rückzugsgebieten in Ruhe zu lassen. Ständige Flucht schwächt sie unnötig und versetzt sie in tödlichen Stress.
- Wildtiere nicht stören, leicht gemacht. Mit ein paar Regeln: Wer auf winterliche Fährtensuche gehen möchte, kann dies genussvoll tun, ohne dabei das Wild zu stören, sofern folgende Regeln beachtet werden:
- Die Wege nicht verlassen. Dies ist auch nicht nötig, weil die Wildspuren die menschlichen Trampelpfade ohnehin immer wieder kreuzen.
- Auch auf Skiern und Schneeschuhen sich an bestehende Routen halten.
- Die Dämmerung meiden. Denn zu dieser Zeit ist das Wild unterwegs.
- Schutzzonen und Schongebiete umgehen. Auch Futterstellen meiden.
- Den Hund an die Leine nehmen.
- Solche Rücksichtnahme, die das eigene Vergnügen kaum mindert, hilft dem Wild, unnützen Kräfteverschleiss beim provozierten Flüchten zu vermeiden und gerade deshalb, die ohnehin harte Winterzeit zu überleben.
Tipp: Doch wer sich nicht selbst getraut, oder nicht genau weiss, wie er das anstellen soll, dem bin ich gerne behilflich. Ich organisiere sehr gerne für Euch einen Wintertag, mit dem Erlebnis der Tierspurensuche, des Fährtenlesens und Deutens. Mit vielen Erklärungen, Spielen, Wettbewerbe … je nach dem, was Ihr Euch wünscht. Nach dem Motto: Die Kraft der Berge erleben! Einfach hier anfragen.
Sehr interessant und ausführlich geschrieben, gefällt mir sehr gut und gibt Anregung beim nächsten Ausflug in die Natur, egal wo, alles ein wenig genauer zu betrachten und nicht nur einfach drauf los marschieren.
LG Jutta